Bauen im Gebiet eines Bebauungsplans hat einige Vorteile. Was aber tun, wenn der Bebauungsplan eurem Traumhaus im Wege steht? Ausnahmen und Abweichungen sind möglich, aber nicht unbedingt einfach.
Gibt es einen Bebauungsplan hat dies für euch den großen Vorteil, dass ihr Zeit spart. Üblicherweise bekommt ihr relativ schnell eine Baugenehmigung. Zudem muss die Genehmigung erteilt werden, wenn eurer Bauantrag den Vorschriften folgt. Im Vergleich zu Gebieten ohne Bebauungsplan habt ihr also auch eine größere Sicherheit: Müsst ihr “wie Nachbarbebauung” bauen seid ihr der Willkür des Bauamtes ausgeliefert.
Der ungeliebte Bebauungsplan
Gibt es einen gültigen Bebauungsplan für eurer Grundstück, erspart ihr euch viel Ärger, wenn ihr euch an diesen haltet. Allerdings sollte man sich auch nicht zu früh geschlagen geben.
In unserem Fall waren wir im Laufe der Planungsphase mit verschiedenen Punkten des Bebauungsplans unzufrieden: Zunächst störte uns vor allem die vorgeschriebene Ausrichtung des Daches mit dem Giebel zur Straße. Auch über die Vorgaben zu Dachneigung (mindestens 35°) und Dachform (nur Satteldach) waren wir nicht glücklich.
Am Ende arrangierten wir uns mit den meisten dieser Vorschriften, eine Ausnahmegenehmigung beantragten wir am Ende für etwas ganz anderes.
Unsere Hoffnung war zu Beginn, dass uns die Baufirmen mit gutem Rat und Hilfe bei der Antragstellung zur Seite stehen würden.
Wie reagieren Baufirmen?
In vielen Gesprächen mit Baufirmen brachten wir schon früh das Gespräch auf das Thema Bebauungsplan. Wie ließen dann durchblicken, dass wir Schwierigkeiten hätten und ein schönes Haus im Rahmen der dortigen Vorgaben vorzustellen.
Die meisten reagierten darauf zunächst eher ablehnend bzw. versuchten uns ein Haus nach den Vorgaben schmackhaft zu machen.
Wir bekamen einen Vorschlag für einen Planungsvertrag, zudem dann auch eine Voranfrage bezüglich der Abweichung gehören würde. Später lernten wir aber, dass diese Voranfrage nur unverbindlich (aber hilfreich!) ist. Man kann diese Auskünfte aber auch gut selbst einholen.
Von Arge bekamen wir die Information, dass sie auch einen Bauantrag mit Ausnahmewunsch einreichen würden. Die Beraterin empfahl uns aber auch wiederum eine Auskunft beim Bauamt der Gemeinde einzuholen.
Was man tun kann: Voranfrage beim örtlichen Bauamt
Viele lokale Bauämter bieten öffentliche Sprechstunden oder Termine zur Beratung an. Dies kann man in Anspruch nehmen um kostenlos zu erfragen, ob eine gewünschte Ausnahme eine Chance hat.
Wir fragten beispielsweise recht früh mit Hilfe der Architektin an, ob wir die Dachausrichtung ändern könnten. Es wurde aber recht schnell deutlich, dass die Gemeinde uns in diesem Punkt nicht entgegenkommen würde. Sie bestätigten uns aber schriftlich, dass sie einer leicht flacheren Dachneigung zustimmen würden.
Auch ohne Abweichung können wir den Besuch bei der Sprechstunde des Bauamtes nur empfehlen: Die Mitarbeiterinnen machten uns auf mehrere potentielle Probleme aufmerksam, die uns nicht bewusst waren. Im Gegensatz zu Architekten und Mitarbeitern der Baufirmen kennen sie sich genau mit den konkreten Vorschriften in der Gemeinde aus.
Wir meldeten uns per Email an und schickten der Mitarbeiterin vorab unsere Adresse sowie die Aussenansichten unseres Hauses und das Vermesserprotokoll. Zu diesem Zeitpunkt war die Planung noch in einer frühen Phase, d.h. wir hatten noch keinen Lageplan des Hauses auf dem Grundstück.
In diesem Gespräch erlebten wir dann einige Überraschungen, nicht alle schlecht:
- Etwa 40% unseres Grundstücks zählen als “private Grünfläche”. Nun erfuhren wir, dass diese nicht zur Berechnung der GRZ herangezogen werden dürfen. Das bescherte uns erst einmal einen Moment der Panik. Würde unser Haus samt Terrasse noch passen?
- In Brandenburg darf man z.B. ein Carport mit belieben Abstand von der Grenze in den Grenzstreifen setzen. Früher musste man wohl genau auf die Grenze oder außerhalb des Grenzstreifens bauen.
- Wir erhielten den Tipp, dass wir uns ggf. die Baustraße sparen könnten.
- Für die Gartenlaube ist keine Abrissgenehmigung nötig. Bisher waren wir davon ausgegangen, dass wir auch hierfür einen Antrag stellen müssten.
- Die im Entwurf vorgesehenen bodentiefen 3er Fenster wären so nicht genehmigungsfähig, da die Fensteröffnung insgesamt nicht “stehend” wäre, sondern breiter als hoch.
Unsere runden Fenster vorne störten die Mitarbeiter aber nicht: Dafür gaben sie uns ihre Zustimmung, d.h. wir können den Bauantrag mit einem Antrag auf eine Abweichung stellen. Die Baubehörde wird dann die Gemeinde befragen und diese wird die Zustimmung geben.
Wir hoffen, dass dies auch genauso ablaufen wird…
Was man tun kann: Bauantrag mit Antrag auf Ausnahme
Idealerweise hat man schon eine Auskunft bei der Gemeinde eingeholt (siehe Voranfrage). Dann kann man schon relativ gut abschätzen, dass der Antrag inklusive der Ausnahme genehmigt wird.
Wie wahrscheinlich Ausnahmen sind, hängt immer stark von den beteiligten Personen ab und davon wie umfangreich die Abweichung ist. In unserem Fall schien eine Abweichung von der vorgeschriebenen Dachausrichtung nicht durchsetzbar. Zwei runde Fenster an der Straßenfront wurden uns aber ohne Probleme zugestanden. Laut Bebauungsplan sind nur rechteckige Fenster erlaubt.
Was man tun kann: Bauvoranfrage
Von einer Bauvoranfrage wurde uns allgemein abgeraten. Diese kostet quasi genauso viel wie ein Bauantrag, ist aber keiner. Das heißt wenn die Voranfrage erfolgreich ist, muss der Bauantrag auch noch gestellt werden. Man kann also etwa mit den doppelten Kosten sowie der doppelten Dauer rechnen.
Was man tun kann: Ein Findiger Architekt
Bessere Chancen seine Wünsche durchzusetzen hat man eventuell mit einem eigenen Architekten. Ihr solltet aber einen finden, der motiviert ist und geschickt im Finden von Schwachstellen der Formulierungen.
Wir selbst hatten keinen Architekten, haben aber mit einem gesprochen. Er hatte für sein eigenes Haus einiges durchgesetzt, was auf den ersten Blick nichts mit den Standards des Bebauungsplans zu tun hat. So besteht quasi die komplette straßenseitige Wand des EG aus einer Fensterfront. Durch mehrere Säulen können aber die Fensteröffnungen so zugeschnitten werden, dass die einzelnen Öffnungen wiederum höher als breit sind. Auch hat sein Haus zwar ein Satteldach, dieses ist aber nur etwa halb so breit wie das Haus und auf ein Flachdach aufgesetzt.
Ein Architekt könnte euch also helfen, wenn es eventuell Schlupflöcher in den Vorschriften gibt. Diese Variante ist aber nicht ganz billig, da ihr die komplette Planungsleistung des Architekten bezahlen müsst. Kauft ihr ein Haus aus dem Katalog mit geringen Abweichungen, teilt ihr die Kosten mit anderen Kunden.
Was man tun kann: Klagen
Mit dem Rechtsweg haben wir keine eigenen Erfahrungen gesammelt. Wenn es euch wirklich wichtig ist und ihr bereits seid viel Geld und vor allem Zeit zu investieren könnt ihr auch diesen Weg versuchen. Ihr klagt dann gegen den kompletten Bebauungsplan und im Erfolgsfall wird dieser ungültig bzw. muss geändert werden.
Allerdings solltet ihr euch hier gut beraten lassen um rechtzeitig abzusichern ob überhaupt eine Aussicht auf Erfolg besteht. Dazu solltet ihr eine gute Begründung haben. Funktionieren könnte etwa eine Klage gegen eine vorgeschriebene Dachneigung oder -ausrichtung, wenn diese den Bau einer Photovoltaikanlage verhindert.
Hallo, was meint ihr genau damit, dass der Architekt selbst ein Satteldach auf der halben Hausbreite hat und auf ein Flachdach aufgesetzt ist?